Nachrichtenartikel 22.05.2025
Benjamin Petri ist neuer Leiter Business Development-DACH bei Aidon
Seit April 2025 verantwortet Benjamin Petri den Geschäftsbereich Business Development bei Aidon in der DACH-Region. Im Interview erzählt er, warum er sich für einen Wechsel ins Team Aidon entschieden hat, wie er die Zusammenarbeit mit den nordischen Kollegen erlebt und welche Maßnahmen notwendig sind, um das deutsche Stromnetz fit für die Zukunft zu machen, damit die Energiewende auf allen Ebenen ein Erfolg wird.
1. Benjamin, du bist seit über 20 Jahren in der Elektrotechnikbranche unterwegs und nun seit knapp zwei Monaten Teil des Aidon-Teams – was hat dich dazu motiviert, bei einem finnischen Spezialisten für smarte Stromnetze einzusteigen? Wie erlebst du die tägliche Zusammenarbeit mit den Kollegen in Finnland und was macht diese für dich fachlich wie auch praktisch besonders?
Es ist die Mischung aus allem. Aidon ist mittlerweile seit über 20 Jahren im skandinavischen Markt präsent und dort seit vielen Jahren Marktführer im Bereich Smart Metering. Darüber hinaus ist das Portfolio „Made in Europe“ ebenso praktisch wie anwenderorientiert ausgerichtet. Es trifft daher meiner Meinung nach exakt den Nerv der Zeit und bietet eine ebenso einfache wie kostengünstige Lösung für aktuelle Herausforderungen, etwa im Kontext von § 14a EnWG. Auch das Team sowie die gesamte Unternehmenskultur sind überaus sympathisch und geprägt von einer starken Hands-on-Mentalität, was die Zusammenarbeit natürlich erheblich vereinfacht.
2. Benjamin, wo steht das deutsche Stromnetz aus Deiner Sicht heute?
Die deutsche – wie auch in zwangsläufiger Folge die europäische – Energieinfrastruktur sieht sich dieser Tage einer beispiellosen Herausforderung gegenüber.
Noch nie in der Geschichte unserer modernen Gesellschaft schritten die Entwicklungen so schnell voran wie in den vergangenen Jahrzehnten. Stichwörter hierzu sind „Industrie 4.0“, Digitalisierung, die geradezu explosionsartige Erhöhung der Anzahl an elektronischen Geräten in Haushalten und Unternehmen und nicht zuletzt der Wechsel von fossilen Energieträgern hin zu elektrischer Energie im Bereich Heizen und Mobilität.
Hinzu kommt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zwar zwingend notwendig, ihre nur bedingte Berechenbarkeit jedoch auch ebenso schwierig zu managen ist.
All dies müssen nun Stromnetze aushalten, die noch immer größtenteils mehr als 50 Jahre alt sind und für eine derartige Energiedistribution nicht ausgelegt wurden.
Zusammengefasst: Hier stehen sich betriebswirtschaftliche Interessen der deutschen Ökonomie und die volkswirtschaftliche Verantwortung des Staates, die systemrelevante Energieversorgung zu schützen, als Kontrahenten gegenüber.
Eine Lösung kann – wie so oft – in der Kommunikation gefunden werden, in diesem Fall jedoch in digitaler bzw. virtueller Form. Meiner Überzeugung nach müssen hier zwingend alle „Netznutzer“, sprich energieintensive Industrien, aber auch Hersteller von Geräten mit nennenswertem Energiebedarf, jeweils einen Teil der Verantwortung übernehmen. Mit anderen Worten: Eine (digitale) Kommunikation zwischen diesen „Netznutzern“ und den Netzbetreibern ist zukünftig unumgänglich. Glücklicherweise sind hierfür geeignete Technologien bereits verfügbar und werden permanent auf diese Bedürfnisse weiterentwickelt.
3. Wie verändert sich deiner Meinung nach die Rolle der Netzbetreiber im Zuge der Energiewende und wie unterstützt ihr diesen Wandel?
Wie bereits zuvor erwähnt, ist die Rolle der Netzbetreiber alles andere als einfach oder überschaubar. Sie benötigen die Unterstützung der Industrie sowie der Hersteller energieintensiver Produkte, um die Mammutaufgabe „Netzstabilität“ künftig zu bewältigen.
Rund 1.000 der insgesamt ca. 2.500 Terawattstunden (TWh) des deutschen Gesamtenergiebedarfs entfallen auf Industrie, Handel und Dienstleistungen. Ein „zielorientiertes Verändern“ unseres Stromnetzes bedeutet mit anderen Worten, den Unternehmen und der deutschen Konjunktur als Ganzem die Zeit zu geben, sich mit Bedacht auf diese notwendigen Veränderungen einzustellen.
Sollen beispielsweise Solarparks an der Übergabestation oder Elektroladesäulen aus der Ferne regulierbar sein, ist dies zwar technisch realisierbar, bedarf jedoch einer angemessenen Zeit für Entwicklung und Produktanpassung seitens der herstellenden Industrie. Gleiches gilt für Anpassungen im privaten Sektor, beispielsweise bei der Wärmepumpe. Wir müssen die Hersteller in einem gesunden Maß einerseits in die Pflicht nehmen, ihnen andererseits aber auch die notwendige Zeit für die Anpassung ihrer Produkte und Systeme gewähren. Im permanenten Austausch kann so eine intelligente und zukunftsfähige Stromnetzstabilität in Deutschland und Europa „gesund wachsen“.
4. Wie lassen sich hohe Anteile erneuerbarer Energien und Netzstabilität technisch sinnvoll miteinander vereinbaren, gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse auf der Iberischen Halbinsel?
Das Risiko eines großflächigen Stromausfalls – aus denselben Gründen wie auf der Iberischen Halbinsel – ist auch in Deutschland real und jederzeit möglich. So kam es beispielsweise in Bad Nauheim an Ostern 2025 vermutlich aufgrund eines Energieüberschusses im Netz zu einem Stromausfall. Dennoch denke ich, dass Ausmaß und Dauer eines Stromausfalls vergleichbar mit dem Fall auf der Iberischen Halbinsel in Zentraleuropa nicht zu erwarten sind. Hier – speziell in Deutschland – sind die Stromnetze feinmaschiger aufgebaut, und die Mechanismen zur Reaktion auf Über- oder Unterversorgung mit Elektrizität sind besser entwickelt. Getreu dem allseits bekannten Lehrspruch „Wer misst, misst Mist!“ sollte die hierzu Devise daher, meiner Meinung nach, lauten: Ruhe bewahren, nicht überstürzt handeln und zusammen mit allen „Netznutzern“ intelligente und robuste (Mess)lösungen in den deutschen Netzen etablieren.
Benjamin Petri der studierte Energie-Betriebsmanager und ausgebildete Energieelektroniker verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der Energiebranche und leistete bereits 2002 Pionierarbeit beim Ausbau erneuerbarer Energien. Bevor er im April 2025 das Business Development-Team von Aidon in der DACH-Region übernahm, betreute er unter anderem das internationale Key Account Management führender Unternehmen der Elektrotechnikbranche sowie bis zuletzt das deutsche Business Development eines führenden chinesischen Anbieters von intelligenten Energielösungen.

